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»Bitte sehr«, sagte er. »Wenn Ihr es wünscht. Ich würde zum Allmächtigen sagen: Großer Schöpfer, ich kenne nicht Deinen Plan, vielleicht aber willst Du die Menschen auch gar nicht gut und glücklich machen. Ich bitte Dich trotzdem: Dies sei Dein Wille! Es ist doch so leicht zu erreichen! Gib den Menschen ausreichend Brot, Fleisch und Wein, gib ihnen Obdach und Bekleidung. Möge der Hunger und die Not verschwinden und all das, was die Menschen trennt.«

»Und das ist alles?« fragte Rumata.

»Euch scheint das wohl zu wenig?«

Rumata wiegte den Kopf hin und her. »Gott würde Ihnen antworten: Das wird den Menschen nicht zum Segen gereichen. Denn die Starken eurer Welt nehmen den Schwachen das, was ich ihnen gab, und die Schwachen sind wieder arm wie zuvor.«

»Ich würde Gott bitten, die Schwachen zu beschützen. Erleuchte die grausamen Herrscher, würde ich sagen.«

»Die Grausamkeit ist eine mächtige Kraft. Wenn sie die Grausamkeit ablegen, verlieren die Herrscher ihre Macht, und andere Grausame treten an ihre Stelle.«

Budachs freundliche Miene verdüsterte sich plötzlich. »Bestrafe die Grausamen«, sagte er entschlossen, »und führe sie weg von der Fährte des Bösen, damit die Starken nicht grausam seien gegen die Schwachen.«

»Der Mensch ist von Geburt aus schwach. Stark wird er erst, wenn ringsum kein Stärkerer ist als er. Und wenn die Grausamen in den Reihen der Starken bestraft werden, so nehmen ihre Stelle die Starken aus den Reihen der Schwachen ein. Und auch sie werden grausam sein. Und so müßte man alle bestrafen, aber das will ich nicht.«

»Du siehst es klarer, Allmächtiger. Richte es also so ein, daß die Menschen alles Nötige erhalten und nicht einander wegnehmen, was Du ihnen gabst.«

»Und auch das gereicht den Menschen nicht zum Segen«, seufzte Rumata. »Auch daraus würden sie keinen Nutzen ziehen. Denn wenn sie alles umsonst bekommen, ohne Mühe, aus meiner Hand, so werden sie die Arbeit vergessen, verlieren den Geschmack am Leben und werden mit der Zeit zu meinen Haustieren, die ich dann wieder ernähren und kleiden muß, und das in alle Ewigkeit.«

»Gib ihnen nicht alles auf einmal!« sagte Budach hitzig. »Gib es ihnen langsam, Schritt für Schritt!«

»Schritt für Schritt nehmen die Menschen sich ohnehin alles, was sie brauchen.«

Budach lachte verlegen. »Ja, ich sehe, das ist nicht so einfach«, sagte er. »Ich habe früher über solche Dinge eigentlich nicht nachgedacht … Ich glaube, wir sind jetzt alle Möglichkeiten durchgegangen. Im übrigen aber«, er neigte sich vor, »es gibt noch eine Möglichkeit: Füge es so, daß die Menschen zuvorderst die Arbeit und das Wissen lieben, daß Arbeit und Weisheit zum einzigen Sinn ihres Lebens werden!« Ja, solche Versuche haben wir auch schon vorgehabt, dachte Rumata. Massenhypnoinduktion, positive Remoralisierung. Hypnotische Bestrahlung von drei äquatorialen Satelliten aus … »Ich könnte auch das tun«, sagte er. »Aber soll man der Menschheit ihre Geschichte rauben? Hat es einen Sinn, eine Menschheit durch eine andere zu ersetzen? Wird es nicht darauf hinauslaufen, als fegte man diese Menschheit vom Angesicht der Erde und schaffte an ihrer Stelle eine neue?«

Budach zog seine Stirn in Falten und schwieg nachdenklich. Rumata wartete. Unter dem Fenster ächzten aufs neue schwermütig die Fuhren. Da sagte Budach leise:

»Dann, Herr, fege uns vom Antlitz der Erde und erschaffe uns neu, bessere Menschen, vollkommenere … Oder – noch besser – laß uns, wie wir sind und gib, daß wir unseren Weg gehen können!«

»Mein Herz ist schwer von Leid«, sagte Rumata langsam. »Das liegt nicht in meiner Macht.«

Und da gewahrte er plötzlich den Blick Kyras. Sie hatte ihre Augen angestrengt auf ihn gerichtet, Schrecken und Hoffnung lagen in ihnen.
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